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Beziehungen können nährend, bereichernd sein und einem himmelhoch jauchzend machen. Oft hinterlassen Beziehungen mit anderen Menschen ihre Spuren, Verletzungen, Schmerzen und mitunter Traumata.

Sich da abgrenzen können und zu lernen, für sich zu sorgen und zu heilen ist sinnvoll.

Nicht falsch, dennoch ein etwas billiger Tipp. Denn: was bedeutet das wirklich? Und: wie kriegt „man das hin“? Denn nicht jede Beziehung (private wie geschäftliche) will oder kann beendet oder abgeschnitten werden. Verändern klingt auch nicht machbar oder aussichtsvoll …

Und bitte: wie tut eine Beziehung heilen und tragen?

In Beziehungen, egal ob sie „intime“, private, lose, oberflächliche oder geschäftliche Beziehungen sind, werden wir mit uns selbst konfrontiert.

Du hast richtig gelesen: Mit uns selbst konfrontiert. Wie schon Martin Buber gesagt hat „Der Mensch wird am Du zum Ich“.

Ich schlage vor, dich vom gängigen Verständnis von Beziehung zu lösen. Beziehung als eine Form des gemeinsamen Daseins – darum geht es mir nicht. Es geht mir um die Qualität im Dasein mit jemandem. Beziehung verstehe ich als zwei Menschen, die auf irgendeine Art in direkter Wechselwirkung stehen. Ganz gleich, ob das Geschäftsleben, Freundeskreis oder intime Partnerschaft umfasst.

In besagter Wechselwirkung gebe ich (bewusst oder unbewusst) etwas von mir „preis“, was mein Gegenüber (bewusst oder unbewusst) aufnimmt und damit (aufgrund der eigenen Historie, der Muster und Prägungen, der momentanen Verfassung etc. ebenfalls meist unbewusst) etwas macht und mit (bewusst oder unbewusst) etwas zurückgibt.

Zum Beispiel: Ich sage „hey, ist das toll, dass du da bist“ und mein Gegenüber runzelt die Stirne und beugt sich etwas nach hinten weg.

Wenn mich nun das „zurückweichen“ und „abgeneigt sein“ (beides sind meine Beurteilungen und nicht mehr das, was beobachtbar ist) ohne das Klarhaben dessen, was wirklich war, behalte und damit weiter gehe, werde ich auf „meinen eigenen Film“ reagieren. Und nicht mehr auf mein Gegenüber. Die Beziehung ist bereits zu Ende, denn ich beziehe mich dann nicht mehr auf „Dich“, sondern auf „Mich“ (meinen eigenen Film).

Da mein Gegenüber nicht ich selbst bin, habe ich gelernt, ist es nur höchst selten und zufällig, dass vom Gegenüber zurückkommt, was ich denke, hätte zurückkommen sollen …

Wenn mich jetzt eine Reaktion meines Gegenübers „trifft“, die auf mich einen „unangenehmen“ Effekt hat, kann ich etwas über mich lernen. Denn in mir ist etwas „unruhig“. Wenn ähnliche Situationen immer wieder ähnliches bei mir auslösen, dann kann ich ganz viel über meine Muster, Prägungen, Traumata, Glaubenssätze etc. erfahren und lernen. Das auch annehmen und verändern. Und siehe da: es trifft mich nicht mehr gleich und ich kann im Moment mich selber regulieren, sprich wieder „ins Lot bringen“. Wichtig dabei: das hat nun nichts mit freudvollem oder positivem Denken zu tun, auch nicht mit Affirmationen oder sonstigem „Lifestyle“ oder „Positive Vibes Only“-Arbeit. Das ist Arbeit an mir selbst – oft hart, mühsam, schmerzvoll und letztlich nachhaltig befreiend und bereichernd. Oder eben heilend und tragend. Denn ich heile mich und ich trage mich durch alle Arten von Beziehungen!

Ein zweiter Aspekt, den ich für wichtig halte, ist, klarzumachen, dass hier keinerlei Erwartung oder Bitte an das Gegenüber gestellt wird. Es geht ganz und gar um mich. Das macht vielen Seminarteilnehmenden anfangs zu schaffen, denn ich kann ja auch endlich für mich einstehen und mein Gegenüber bitten. Wie zum Beispiel: „Wenn du so laut sprichst und mit Nachdruck, dann zucke ich zusammen und ich falle in mein kleines Kind zurück, das Angst hat. Bitte nimm mich ernst und sprich in Zimmerlautstärke mit mir und im Ton einer normalen Konversation.“

Ganz abgesehen davon, dass die Bitte weder konkret noch im jetzt erfüllbar ist (sondern für alle Ewigkeit gilt, völlig egal wie es dem Gegenüber dann mal geht und er oder sie vielleicht um Hilfe schreien möchte) ist das Grundprinzip der Selbstwirksamkeit, Selbstermächtigung verletzt. Da wird noch immer im Aussen gefordert, es möge mir geschaut werden.

Mein Schicksal lege ich nach wie vor in die Hände des Gegenübers. Auch da bin ich nicht mehr in Beziehung, sondern ganz und gar bei mir und meinen Forderungen.

Nun kann man das ja abschwächen und es relativieren im Sinne von „... dass du dir bewusst bist, dass es einen Einfluss auf mich hat und wenn's dir dann möglich ist, ... darauf zu achten … wie geht's dir damit?“ ... Machts nicht besser.

Der Schlüssel ist nach wie vor: Wie gehe ich im Moment mit dem, was bei mir ankommt, um?

Wenn ich das dann ausdrücken kann, selbst ermächtigt, wunderbar. Wenn ich merke, dass das ein wiederkehrendes Muster ist, kann ich meine Prozesse machen. Wunderbar.

Dann hat auch diese Beziehung beigetragen, dass ich mich heile und mich trage.

Die Selbstverantwortung, sich zu schauen und die eigenen Reaktionen als die eigenen Reaktionen anzunehmen (und damit aufzuhören, anderen die Schuld an meinen Reaktionen zu geben) hat einen immensen Einfluss auf Beziehungen! Die ruhige Kraft spendet Vertrauen und emotionale Sicherheit, lässt mein Gegenüber frei und offen werden. Das berichten mir Menschen immer wieder, wenn sie diese Art des Daseins erleben. Mir selbst wiederum gibt das eine grössere Nähe und Klarheit, eine Direktheit und damit Einfachheit. Diese Effekte auf beiden Seiten der Beziehung machen die Beziehung (egal in welcher Form, die daher kommt) tragfähiger, weniger anfällig auf Missverständnisse und Konflikte. Damit vervielfältigt sich das Heilen und das Tragen in der Beziehung.

Kannst du lernen.

Bei uns!